Ghanas rote Blutkörperchen

Wenn in Deutschland die Lokführer streiken, trifft das viele Menschen hart. Kürzlich schrie die ganze Republik auf, weil für ein Wochenende das wichtigste Verkehrsmittel wegbrach. Wenn die Eisenbahn in Ghana einmal nicht fährt, ist nicht einmal gewiss, dass allzu viele Menschen es überhaupt merken – dort ist der Nahverkehr ganz anders strukturiert.

In Europa steht die Eisenbahn für wirtschaftlichen Aufschwung und die Industrialisierung. In Afrika haben die kolonialen Eroberer zwar Schienen und Schwellen mitgebracht – es gibt jedoch einige Gründe, weshalb die Eisenbahn in den wenigsten afrikanischen Ländern wirklich Fuß gefasst hat. Ghana hat ein Eisenbahnnetz von rund 1.300 Kilometer. Zum Vergleich: Das Gleisnetz der Deutschen Bahn erstreckt sich bei ähnlicher Staatsfläche über mehr als 61.000 Kilometer. Für Ghana ist es schlichtweg nicht machbar und noch weniger rentabel, die entlegensten Dörfer an ein Eisenbahnnetz anzuschließen – stattdessen gibt es dort ein reges Kleinbusnetz. Ähnliche Busse gibt es in vielen afrikanischen Ländern; in Ghana heißen sie Tro-Tro.

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In Ghana ist der Personenverkehr quasi komplett in privater Hand. Er wird von zahllosen Kleinunternehmern organisiert. Das belebt das Geschäft, verursacht jedoch auch großen Wettbewerbsdruck. Viele Tro-Tro-Fahrer überschreiten permanent die Höchstgeschwindigkeiten, um mehr Kunden von A nach B zu bringen. Auch die Wartung der Kleinbusse lässt zu wünschen übrig. Das Auswärtige Amt rät deutschen Touristen von Tro-Tro-Fahrten ab: „Kostengünstige Kleinbusse (Tro-Tros) sind oft technisch nur bedingt straßentauglich und somit extrem unfallgefährdet.“ In manchen Landesteilen sind sie jedoch alternativlos – und bei einer Afrikareise kommt man mit deutschen Vorstellungen von Ordnung und Sicherheit ohnehin nicht weiter als bis zur Passkontrolle im Flughafengebäude.

Der Conductor, hier in einem Tro-Tro auf einer Einfallstraße nach Accra, bedient die Schiebetür und kassiert den Fahrtpreis.