Die letzten 24 Stunden hatten es zeremoniell ziemlich in sich: Ich war bei einem sehr ungewöhnlichen Gottesdienst im regnerischen Nungua und am nächsten Tag zur Knallehitze nochmal dort – zu einer Beerdigung.
Die Geschichte beginnt mit Startschwierigkeiten: Ich bin im Dunkeln durch strömenden Regen zum Paloma Hotel laufen, wo mich der Pastor und Journalist Michael abholen wollte. Eine halbe Stunde später rief er an – um zu sagen, dass er noch eine halbe Stunde braucht. Nach 40 Minuten rief er wieder an, ob ich auch zu Koala kommen kann. Also fuhr ich dort hin, traf Michael auch tatsächlich und wir fuhren im Taxi nach Nungua. Auf den Sandstraßen hatte der Regen große rostrote Seen hinterlassen.
Zwischen kleinen Lehmbauten hindurch gingen wir zur Kirche, die man sich wie ein improvisiertes Carport aus Holz und Wellblech vorstellen kann. Auf einem Betonpodest stand ein Pult, dahinter saß ein Keyboardspieler. Die Messe hatte bereits vor einer guten Stunde begonnen, etwa 25 Gemeindemitglieder saßen im kleinen Gebetsraum, dessen Wand in der oberen Hälfte offen war. Ein Pastor in Sakko und heller Hose betete vor, Michael und ich setzten uns auf Plastikstühle. Wenig später sprang er auf, übernahm das Mikrofon und predigte über Menschenfischer. Eine völlig unerwartete Erfahrung war dann gegen Ende, als Michael und zwei weitere „Men of God“ in gegensätzlichen Rhythmen die immergleichen Sätze in die voll aufgerissenen Mikros brüllten. Die Gemeinde verfiel in Trance. Es war wie ein Mantra. (Genug angeteast? Den Rest der Story gibt’s aller Voraussicht nach im Paulinus!) Und plötzlich spielte eine Band. Ich, Dave from Germany wurde dann auch noch sehr freundlich in die Gemeinde aufgenommen, ich habe mich echt wohl gefühlt. Das ist vielleicht ein guter Zeitpunkt, die Ghanaer einmal generell als die vielleicht freundlichsten und offensten Menschen hervorzuheben, mit denen ich bisher zu tun hatte. Es ist überwältigend, wie bereitwillig die meisten ihre Hilfe anbieten und einen warmherzigen Empfang bereiten.
So auch heute Morgen: Carolin und Charlotte waren bereits Freitag Nacht bei der Awakening Ceremony eines Toten, heute zur Beerdigung habe ich mich angeschlossen. Auch hier hat uns die Familie nicht mir bereitwillig teilhaben lassen, sondern sich richtig toll um uns gekümmert. Die Zeremonie selbst war auf Ga, aber zwischendurch haben wir immer wieder die Worte Amen, Halleluja und Jesus aufgeschnappt. Wie schon gestern war die Spiritualität der Menschen beeindruckend, genau wie die herzzerreißenden Klagerufe der Frauen, etwa wenn der Sarg herausgebracht wurde. Die begannen und endeten so aprupt, dass sich die Frage stellt, ob die als Teil einer Art Choreografie zum Ablauf gehörten.
Der Neffe des Toten fuhr den Pastor, dessen Frau und uns zum Friedhof. Der Leichenwagen war übrigens der gemeinsame Krankenwagen des ganzen Clans und der Friedhof fast direkt am Meer. Idyllisch. Der Sarg selbst verdient ein paar Worte mehr: Der Tote war LKW-Fahrer, und der Sarg hatte dementsprechend die Form eines LKW. Diese Tradition hat Erics Großvater (siehe Post vom Donnerstag) begründet, mittlerweile sind die bunten, extravaganten Särge aus Teshie auf der ganzen Welt bekannt. Die Beerdigung insgesamt war ziemlich krass, zum Abschied übergaben wir Papa Row, dem Sohn des Toten, (wie es der Anstand verlangt) Geld und eine Flasche Schnapps.